Es ist Samstag, der 30. Oktober, es ist 17:00 Uhr abends, und ich hab mir grad meinen Lieblings-Grüntee mit viel frisch geschnittenem Ingwer aufgegossen… mein Ritual zur täglichen „teatime“…
Ich sitze hier an meinem Küchentisch und hab schon einen beachtlichen Stapel fertig verpackte Kalender neben mir liegen. Jeden einzelnen hab ich in die Hand genommen, vorsichtig und liebevoll die zugeschnittene Banderole aus Architektenpapier darum herumgelegt und die „2022“ drauf gestempelt. Was für eine befriedigende Beschäftigung! Fühlt sich ein bisschen an wie die „Ernte“ einzufahren…

Dieses Kalender ist ein wenig anders als seine „Vorgänger“ – und er zeigt, welche neuen Wege ich im Laufe des Jahres erprobt habe.
Schon vor einigen Jahren habe ich zusätzlich zur Kalligrafie auch wieder mit dem Zeichnen begonnen, habe eine „verschüttete“ Technik aus meiner Jugend wieder reaktiviert. Ich erinnere mich gut, wie ich als 12-Jährige in der Schweiz auf der Wiese saß und diese wunderbaren Heustadl gezeichnet habe – einfach ohne viel zu denken… Es kam damals sogar jemand vorbei, der diese Zeichnung kaufen wollte – aber nein, die hab ich nicht hergegeben!
An diese Leichtigkeit konnte ich also jetzt einfach anknüpfen – Zeichnen bedeutet für mich Spielen, den Stift auf dem Papier herumwandern lassen, ausprobieren, experimentieren – ganz ohne Erfolgsdruck (weil: es ist ja keine Kalligrafie ????).
Beim Kolorieren der Sketches kam dann noch dieser ungeheure Genuss dazu, mit Farben zu spielen, sie ineinanderlaufen zu lassen, Harmonien zu finden, Stimmungen auszudrücken. Das scheint mir leichtzufallen – ja, ich habe ein Gespür für Farben, so wie Smilla das für den Schnee hatte ,-)))
Doch erst in diesem Sommer hab ich mir erlaubt, mal etwas Zeit zu investieren, diesen Farbspielen & Experimenten erst Raum zu geben und sie dann mit meiner Kalligrafie zu verknüpfen. Möglich war das im Grunde durch die Pandemie – es finden ja immer noch lange nicht so viele Veranstaltungen statt wie früher.
Außerdem war einfach mal eine Auszeit notwendig – ich hatte das Gefühl, seit vielen Jahren (mehr als zehn) immerzu im Hamsterrad meinem Leben hinterherzurennen und doch ständig und immer mit allem zu spät dran zu sein.
Das kann’s ja nicht sein!
Es muss doch einen Weg geben, „langsamer“ zu leben, seine Aufgaben zeitnah erfüllen zu können und trotzdem ein wenig Luft zum Atmen dazwischen zu behalten…?
Ganz ehrlich: wie das wirklich funktionieren kann, habe ich noch nicht abschließend herausgefunden. Aber ich habe immerhin einige Erkenntnisse angesammelt ,-)))
Mir wurde klar, dass ich einfach nicht alle Ansprüche erfüllen kann, die an mich gestellt werden, und dass es an mir ist, meine eigenen Prioritäten zu setzen und mich wirklich auf das zu konzentrieren, was ich am liebsten tue. Schon damals ganz zu Beginn meiner Selbstständigkeit – noch in meinem Atelier in der Kreuzgasse in Nördlingen – ist mir aufgefallen, dass das, was mir am meisten Spaß macht, auch mit großem Abstand am besten gelingt!
Also hab ich mir einfach mal die Zeit dafür genommen.
Hinzu kam ein phantastischer zehnwöchiger Onlinekurs einer englischen Künstlerin, der mich genau darin bestärkte: ganz intensiv meinen eigenen Weg zu suchen. Und ja, ich habe jemanden gebraucht, der mir das zehn Wochen lang nahezu täglich wieder neu sagte – und ich brauche das sogar immer noch, deshalb höre ich sehr gerne ihren Podcast ,-)))

Ihr Name ist Louise Fletcher, und wer Spaß am Malen hat, sei auf ihre Seite hingewiesen. Sie ist eine zeitgenössische Malerin, die in Yorkshire lebt, ich finde ihre abstrakten Landschaften faszinierend und sie ist ein begnadeter Coach.
Außerdem nehme ich bereits seit April an den Fortbildungen von Brody Neuenschwander teil (wem das kein Begriff ist, es lohnt sich sehr, seine Seite einmal anzuklicken – er ist hochgeschätzt in der Kalligrafie-Welt und einer derjenigen, die sich mit Leib und Seele der zeitgenössischen Kunst verschrieben haben). Wer mir auf Instagram folgt, wird den Einfluss dieser Kurse auf meine Arbeit bereits bemerkt haben – allerdings habe ich festgestellt, dass ich dabei teilweise einfach zurückgehe zu Techniken, die ich vor Jahren bereits vorsichtig ausprobiert hatte und die mich einfach total faszinieren, z. B. das Schreiben und vollkommen freie Buchstaben-Gestalten mit dem Spitzpinsel oder anderen Werkzeugen, wie z. B. einer Vogelfeder:

Huh! Da traue ich mich etwas… ich schicke Euch auf so beeindruckende Seiten weiter;
wer weiß, ob Ihr hinterher noch etwas von mir wissen wollt…?
verSATZstücke – vielleicht ein etwas sperriger Titel?
…auf jeden Fall ein schönes Wortspiel!
Schauen wir doch einmal, was Wikipedia zur Definition dieses Begriffs zu sagen hat:
WIKIPEDIA
„Ein Versatzstück ist ein beweglicher und daher beliebig zu versetzender Bestandteil eines Bühnenbildes. Der Begriff wird meist im übertragenen Sinn verwendet, beispielsweise für inhaltliche Bestandteile künstlerischer und anderer Werke, die in einem neuen Werk verarbeitet werden.“
Bingo! Genau das habe ich bei der Arbeit an diesem Kalender getan. Der Titel ist mir danach, ehrlich gesagt, einfach zugeflogen…
„verSATZstücke“ ist ein Experiment und gleichzeitig ein Puzzlespiel:
Die im Sommer entstandenen farbigen MixedMedia-Arbeiten habe ich kombiniert mit Textelementen, die entweder als eigenständige Kalligrafien bereits vorhanden waren oder extra hierfür von mir entworfen worden.
Schauen wir uns das einmal an?
may there be peace – das Dezemberblatt des Kalenders

Einfach so entstanden, total intuitiv… und sofort musste ich an ein Dorf in einer Winterlandschaft denken. Ebenso intuitiv ist mir der Text dafür zugeflogen: May there be peace…

Gezeichnet habe ich diesen Text direkt in das Bild hinein, aber auf dem iPad. Ja, der Schriftzug bekommt dadurch einen sehr „cleanen“, fast technischen Look – aber genau dieser Kontrast interessiert & fasziniert mich.
Ich habe den ca. 2,5-stündigen Entstehungsprozess mitgefilmt und ihn als Youtube-Video verlinkt – einfach das Bild anklicken, dann öffnet sich Youtube in einem neuen Fenster!
Und der Text?
Manchmal kann ich selbst gar nicht die Frage beantworten: Was war zuerst? Text oder Bild? Ich male zwar intuitiv, habe dabei aber oft auch Texte/Gedichte im Hinterkopf. So habe ich in diesem Sommer bei meiner Textsuche z. B. Max Dauthendey entdeckt, einen romantischen Dichter, dessen Landschafts- und Naturbeschreibungen mich in den Bann gezogen haben. Auch wenn ich kein einziges seiner Gedichte lesbar in meinen Arbeiten verwendet habe, so haben mich doch sein ungeheuer farbige Sprache und Wortmalerei inspiriert. Wer weiß, vielleicht gibt es in den Folgejahren mal einen „Dauthendey“-Kalender…?
Ansonsten werdet Ihr dieses Jahr alte Bekannte wiederfinden – Texte, die mich schon lange bewegen und die ich immer wieder verarbeite – aber auch neuen Impulsen begegnen. Ein bisschen Rilke läuft einem dabei immer über den Weg ,-))
Ich hatte viel Spaß dabei, diesen für mich neuen Weg zu erkunden… und ich bin gespannt, wo er mich noch hinführen wird.
Ach übrigens – man kann den Kalender natürlich auch kaufen. Logo. Hätte ich beinahe vergessen…????????????!!!
Wollt Ihr noch wissen, welches mein Lieblingsblatt ist?
Das kann ich sehr leicht beantworten. Es ist einfach passiert, und es gefällt mir ungeheuer gut…

Außerdem enthält es ein Rätsel ,-))) Dieser Text stellt nämlich wirklich eine Herausforderung dar. Aber ich versichere Euch, man kann ihn lesen – meine Newsletter-Abonnenten haben tatsächlich so lange geknobelt, bis sie den Text „übersetzen“ konnten!
Bin ja jetzt schon gespannt, was der Juli 22 dann wohl für mich bereithalten wird… Aber darüber erzähle ich Euch an anderer Stelle mehr.
Für heute soll es mal genug sein…
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